Einen nicht unerheblichen Teil der Zeit seit dem letzten Blog wurden wir unerfreulicherweise in den Entwicklungsstand unserer ersten Wochen in Südafrika zurückversetzt: Kein Auto. Zunächst einmal diagnostizierte die Werkstatt ein defektes Automatikgetriebe. Also Getriebespezialisten suchen. Immerhin blüht der Reparaturmarkt hier und für jedes Teil am Auto gibt es zig Spezialisten. Dumm nur, dass Getriebe offenbar häufiger den Geist aufgeben und die Wartezeiten vergleichbar mit denen auf einen Hautarzttermin in good old Germany sind. Mit viel Glück gelingt es uns trotzdem jemanden zu finden, der sich der Sache annimmt. „Two to three hours“ soll es dauern, bis die Ursache gefunden ist. Wir lernen dabei, dass „two to three hours“ in Südafrika genauso wie „two minutes“ mehrere Tage sind. Nicht umsonst unterscheidet man hier, mit ansteigender Eintrittswahrscheinlichkeit des betreffenden Ereignisses, zwischen „just now“, „now“, „right now“ und „now now“. „Just now“ ist dem Deutschen „Vielleicht irgendwann mal“ gleich zu setzen; und „now now“ würde ich nach unseren bisherigen Erfahrungen mit „bald“ übersetzen. Wir haben immerhin Glück und die Diagnosefindung tritt ein, wenn auch mit Verspätung. Bestätigt wird meine Anfangshypothese, dass der Turbolader den Betrieb eingestellt hat. Gut, dass der Unterschied zwischen Turbolader und Automatikgetriebe nicht allzu groß ist und der Getriebespezialist sich imstande sieht, das Teil einer Generalüberholung zu unterziehen. Ich wette, dass in D kein Mensch auf die Idee gekommen wäre, den Turbo wieder in Stand zu setzen. Aber in Südafrika wird löblicherweise repariert, was zu reparieren geht – in Anbetracht der Lohnkosten macht das nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht Sinn. Freilich zieht sich der Reparaturprozess in die Länge – ABER: der Elch röhrt mittlerweile (vorerst) wieder!
Mit wiedergewonnener Mobilität wird der Plan ins Auge gefasst, an diesem Wochenende nach Stellenbosch zum „Origin of Trails“, einer zweitägigen MTB-Veranstaltung, zu fahren. Der Plan wird allerdings zwischenzeitlich dadurch zunichte gemacht, dass es laut offiziellem Regelwerk dort keine „late entries“ gibt. Ich hätte an dieser Stelle die Sache abgehakt. Aber Laura ist halt bei sowas penetrant und ruft beim Veranstalter an – mit dem Resultat, dass es doch noch eine Handvoll Startnummern gibt, die am Freitag vor Ort nach dem Motto „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ vergeben werden. Also geht‘s Freitagnachmittag nach dem Motto „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ nach Stellenbosch. Wir haben tatsächlich Glück und ergattern einen Startplatz. Nachdem ich die letzten beiden Wochen aufgrund eines vorübergehenden Wintereinbruches (Temperaturen knapp unter 20 °C) rumgekränkelt habe, ist Laura an diesem Wochenende am Drücker. So geht‘s für sie Samstagmorgen auf die Strecke. Ungünstig ist dabei, dass sie als Nachmeldung in der letzten von fünf Startwellen starten muss. Im Klartext bedeutet das, dass es auf den Trails wie im Supermarkt an der Kasse zugeht. Wie sie es unter diesen Umständen schafft, für die nicht gerade einfache Strecke nur ca. eine halbe Stunde weniger zu brauchen als die polnische Männerelite (die Kerle sind mir offenbar nach unserem letzten Aufeinandertreffen Ende September in Jelenia Gora hierher gefolgt), bleibt für mich ein Rätsel. Ebenfalls bleibt ein Rätsel, weshalb Laura nicht in der Ergebnisliste auftaucht, wo sie unter Berücksichtigung von Nettozeitnahme eigentlich an zweiter Stelle zu finden sein sollte. Als wir dies feststellen, befinden sich die Zeitnehmer allerdings schon im Feierabend, sodass Laura am nächsten Morgen den Hauptpreis gewonnen hat, dass 5:30 Uhr der Wecker klingelt, um der Sache auf den Grund zu gehen (Start: 7 Uhr ...). Den Schlaf verkürzt das allerdings nicht, da dieser weitestgehend ausfällt. Hat doch die Putzfrau im Appartement tagsüber das Fenster geöffnet und wir haben es nicht mitbekommen, sodass wir abends bei voller Beleuchtung eine Kolonie Mücken aufsammeln. Aus irgendeinem Grund sind die Biester hier viel lauter als ihr mitteleuropäisches Pendant und an Schlaf ist nicht zu denken. Die Tageswertung (oder besser: Nachtwertung) der meisten Mückenstiche gewinnt Klara überlegen, während ich abgeschlagen auf dem letzten Platz lande. Mein Blut ist denen vermutlich zu abgestanden. Lauras frühmorgendlicher Besuch bei den Zeitnehmern bringt wenig Licht ins Dunkel, da diese einen IT-Totalausfall zu verzeichnen haben. Immerhin gelingt ein „Upgrade“ in die erste Startwelle, was freie Fahrt bedeutet. Dies verkürzt den Tagesrückstand auf die Polen auf unter 15 Minuten, was mir im Hinblick auf unseren geplanten Start beim Cape Epic als Mixed-Team so langsam Angst macht (insbesondere in Anbetracht ihres nominell desolaten Trainingszustandes). Wie dem auch sei: auch diesmal löst die Zeitnahme nicht aus. Nähere Nachforschungen ergeben schließlich, dass der Transponder kaputt ist. Endlich mal was Neues. Nach Rekonstruktion des Resultats mit Steinzeitmethoden reicht es am Ende mit komfortablem Vorsprung zum Gesamtsieg. Bei der Siegerehrung lernen wir zu guter Letzt auch noch, dass wir eigentlich Briten sind - ebenfalls was Neues. Ich selbst werde jeweils nachmittags zum Training auf die Trails gelassen, die auf so furchteinflösende Namen wie Armageddon 1-8 hören [Den Rock-Garden auf der Weltcup-Strecke in Stellenbosch befinde ich für noch besch*****er als er mir bei der Live-Stream-Übertragung im Frühjahr ohnehin schon erschien. Mindestens eine Viertelstunde dauert es, bis ich eine brauchbare (soll heißen: für mich fahrbare) Linie durch die 100 Meter Felsbrocken finde.]. Den Adrenalinkick des Wochenendes gibt‘s aber nicht auf den Trails, sondern am Straßenrand als mir ein vielleicht 10-Jähriges Kind eine grüne Schlange vor‘s Gesicht hält ...
Desweiteren möchten wir darauf aufmerksam machen, dass wir in der 3 Manson Road und nicht in der 3 Madison Road wohnen. Irgendwo hat sich hier auf dem Weg von Druidenohr zu Druidenohr ein Fehler eingeschlichen. Wer auch immer in der 3 Madison Road (die es im angrenzenden Stadtteil tatsächlich gibt) wohnt, freut sich jetzt möglicherweise über eine Menge Post aus Deutschland. Wobei: wahrscheinlich eher (noch) nicht. Hatten wir schonmal erwähnt, dass übliche Postzustellzeiten (im südafrikanischen Inland) mehrere Monate betragen? Wir erhalten regelmäßig an die Vorbewohner gerichtete Briefe, die typischerweise auf Mai oder Juni datiert sind. Mehr dazu siehe auch hier: https://businesstech.co.za/news/business/283666/south-african-post-office-struggling-to-clear-its-backlog/. Ganz im Gegensatz zur südafrikanischen Post (Staatsbetrieb) verhält es sich allerdings mit den meisten privaten Lieferanten: Es ist schon amüsant, wenn du deine Lieferung auf die Minute genau tracken kannst und nicht mal zum Fenster raus schauen musst, um zu wissen, dass gerade ein kurz vor dem Zusammenbrechen befindlicher Kleinlaster (der Typus aus „Die Olsenbande stellt die Weichen“) vor deiner Tür vorfährt.
Zu guter Letzt noch was zum Schmunzeln (so erging es jedenfalls uns): https://www.google.com/maps/@-33.984051,18.4727193,3a,37.5y,155.07h,94.44t/data=!3m6!1e1!3m4!1sk9t73IPFid2F4bBEu4ZQgg!2e0!7i13312!8i6656 (Hinweise: (1) zu sehen ist die Polizeiwache in Claremont und (2) https://www.adt.co.za/). Damit bis zum nächsten Mal!
Schildkröte hat Vorfahrt. |
Gut zu wissen. |
Gesichtet im Wald ... und ich dachte immer, Uhus schlafen tagsüber (tat dieser hier ganz offensichtlich nicht). |
Blümchen für den Garten. |
Spielplätze gibt's zum Glück auch hier. |
Landplage Hadeda-Ibis: Neigt (genauso wie die andere Landplage Eichhörnchen) dazu vor Fahrräder zu springen ... |
Cape Town |