Samstag, 28. Dezember 2019

Liegen geblieben reloaded

(Fast) pünktlich zu Weihnachten wollen wir uns mal wieder melden. Den zur Tradition gewordenen Einstieg zu unserem liebgewonnenen schwedischen Pflegekind gibt es heute wohl zum letzten Mal, denn dieses wartet auf seine Verschrottung. Ein gebrauchter Motor ist nicht aufzutreiben und außerdem wäre das ohnehin die Katze im Sack. Der Preis eines neuen Motors übersteigt dagegen deutlich den Zeitwert des Elchs, sodass das auch nicht infrage kommt. Die Hoffnung, die Werkstatt wenigstens für den Zeitwert haftbar zu machen, haben wir nach Konsultation eines Anwalts ebenfalls aufgegeben. Im besten Fall würde sich der Prozess Jahre hinziehen und die mögliche Bandbreite bzgl. des Ausgang läge vermutlich zwischen wir landen wegen Verleumdung im Bau und die Werkstatt muss uns jährlich einen Neuwagen bezahlen. Insofern fällt die Sache in die Kategorie Pech gehabt (und jede Menge Geld des deutschen Steuerzahlers verbrannt). Die spannende Frage bleibt, ob unser Mietwagen bis Ende März durchhält. Es handelt sich hierbei um eine ziemlich klapprige Karre aus Rüsselsheim, die mittlerweile schon zweimal liegen geblieben ist. Echte Alternativen scheint es allerdings bei unserem Anforderungsspektrum - irgendwie müssen ja fünf Leute und zwei Fahrräder mitkommen - auch nicht zu geben (nein, ich will kein SUV; nein, ich will keinen Toyota Hilux; und nein, ich will auch nicht zwei Hyundai Datsun!).
Auch der Neue aus Rüsselsheim hat so seine Macken (hier: spontaner Zerfall)
Zwischendurch sind wir auch mal 'nen alten Dreier gefahren (die analoge Verbrauchsanzeige ist der Hammer!)

Damit ist aber auch schon das vorläufige Ende der Hiobsbotschaftenliste erreicht. Nach dem Einschalten des „Public Protector“, einer Art staatlichen Beschleunigungsstelle für nicht funktionierende Behörden (die ihrerseits allerdings auch nicht ganz optimal funktioniert), erhielten Emil und ich schließlich doch noch Visa. Emil darf dabei sogar bis Oktober 2022 bleiben, warum auch immer. Letzteres Resultat ist symptomatisch für bürokratische Vorgänge in Südafrika. Meine Beobachtung ist, dass die grundsätzliche Gesetzeslage und die theoretischen bürokratischen Abläufe hier in den meisten Dingen ähnlich wie in Deutschland sind. Der Unterschied ist aber, dass der praktische Ablauf und Ausgang eines bürokratischen Vorgangs in Deutschland einigermaßen definiert ist, währenddessen er hier völlig ungewiss ist. Insofern werde ich als guten Vorsatz aus Südafrika mitnehmen, mich nicht mehr über deutsche Bürokratie zu beschweren. Mal sehen, wie lange ich das durchhalte …

Ebenfalls erfolgreich durchgeführt haben wir den Umzug in eine andere Wohnung. Von dieser aus lässt sich nun praktischerweise der Kindergarten von Emil und Paul zu Fuß zu erreichen. In punkto Wohnungsgröße haben wir uns zwar wieder unserem Dresdner Zustand angenähert. Allerdings, und auch das ist eine gewinnbringende Erkenntnis, ist das gar nicht schlecht: Zwar war das alte Haus sehr schön und wir haben den großen Garten genossen. Allerdings ist die Effizienz der täglichen Abläufe auf 80 Quadratmetern doch signifikant gegenüber der in einem zweistöckigen Haus erhöht.

Im November statteten wir unserer alten Wohnung noch einige Besuche ab, um ein paar verkaufte Möbel abholen zu lassen, sowie einige Kartons zu holen, für die wir aufgrund der kleineren neuen Wohnung erst Lagerfläche organisieren mussten. Dabei stellten wir bereits beim ersten Besuch fest, dass sich ein Eichhörnchen hinterm Kamin eingemietet hatte. Es wollte wohl den Leerstand des Hauses zwischen unserem Auszug (Ende Oktober) und dem Wiedereinzug der Hauseigentümer (Anfang Dezember) verhindern. Wie das Eichhörnchen ins Haus kam, ist etwas unklar; aber ich habe den Schornstein im Verdacht, über den wir im Winter einen massiven Wassereinbruch ins Haus hatten. Zwar wurde dieser repariert. Aber was heißt das hier schon. Schließlich floh das Eichhörnchen als ich die Wohnungstür öffnete direkt in das tennisballgroße Loch im Gemäuer unter dem Kamin, durch welches das Wasser damals eindrang. Nun führt dieses Loch meiner Vermutung nach in einen Hohlraum hinter dem Kamin, der einbaubedingt dort vorhanden sein dürfte. Und diesen hatte, so die Hypothese, das Eichhörnchen als seinen neuen Kobel auserkoren. Als Nahrungsquelle diente offensichtlicherweise unter anderem die Verkabelung vom WLAN-Router; und als Toilette das Sofa, welches wir eigentlich noch verkaufen wollten. Wir versuchten verschiedenste Dinge, um das Eichhörnchen wieder aus seinem Loch hervorzulocken. Allein, es half nichts. Schließlich zogen wir wieder ab und ließen aber die Tür neben dem Kamin einen Spalt breit offen. Wir gaben dem Hausherrn bescheid, der schon in Kapstadt war, aber ohne den Rest seiner Familie noch nicht einziehen wollte und daher bei Verwandten verweilte. Dieser inspizierte dann die Sache am Abend, stellte weder Eichhörnchen noch Handlungsbedarf fest und schloss die Tür wieder. Die Kabel vom Router hatten sich sicher selbst zerbissen. Als wir ein weiteres Mal der Wohnung einen Besuch abstatteten, war das Eichhörnchen immer noch da, denn es floh wieder direkt beim Türöffnen ins Loch. Wir gaben nochmals bescheid, dass es wohl günstiger wäre, die Tür offen zu lassen (dank Sicherheitsgitter wäre das mit geringem Risiko möglich gewesen), waren aber nicht in der Lage, den Ernst der Lage zu vermitteln. Ich malte mir mittlerweile lebhaft aus, wie man den gemauerten Kamin komplett entfernen müsste um den Kadaver des verhungerten Eichhörnchens zu entfernen. Als wir schließlich Ende November ein letztes Mal in der Wohnung waren, um noch die letzten Kartons zu holen, war schließlich kein Eichhörnchen mehr aufzufinden. Dafür drang aber ein starker, nicht gerade angenehmer Geruch aus dem Loch im Gemäuer am Kamin. Wie die Sache nun nach dem Einzug der Eigentümer am nächsten Tag ausgegangen ist, weiß ich nicht … und ehrlich gesagt will ich es auch nicht wissen. Aber vermutlich hat es sie nicht furchtbar angehoben. Die Südafrikaner sind solche Dinge gewohnt und tiefenentspannt. Wenn man mal einen Kamin wegen eines Eichhörnchens entfernen muss, dann ist das halt so.

Ein günstiger Nebeneffekt des Umzugs war es auch, dass wir unser Jahrhundert-Bauwerk Mauer endlich losgeworden sind. Damit sollten dann auch die Probleme mit dem Tor behoben sein … meinten wir jedenfalls. Allerdings hatten wir die Rechnung ohne den neu installierten Motor des Tores an der Einfahrt des neuen Hauses gemacht. Es stellte sich schnell heraus, dass dieser ein unergründliches Eigenleben hatte und das Tor nach Lust und Laune spontan öffnete. Da kann man Tor und Mauer natürlich auch gleich wieder weglassen. Am Ende waren die „Torfachleute“ dreimal da und jedes Mal der Überzeugung das Problem definitiv behoben zu haben, was sich selbstredend stets als Illusion entpuppte. Letztendlich wurde dann ein Kompletttausch vorgenommen und seitdem scheint an dieser Front erstmal Ruhe eingekehrt zu sein.

Ein interessanter Aspekt ist auch, dass das neue Haus hin und wieder mit uns redet. Die Ursache scheint zu sein, dass jemand drei Häuser weiter einen Brunnen gebohrt hat, woraufhin sich jetzt alle Grundstücke in der näheren Umgebung absenken (Berichten zufolge kam im Zusammenhang mit der Brunnenbohrung bei uns auf dem Grundstück der Schlamm aus dem Boden gespritzt …). Ich hoffe, der Statiker, der unser Haus anschließend freigegeben hat, versteht etwas von seinem Fach. Ich beobachte die Risse im Gemäuer sicherheitshalber mal kontinuierlich. Desweiteren redet man nachts (schnarchenderweise) lautstark mit uns von nebenan. Wir sind uns bisher nur nicht so ganz im Klaren, ob es der Nachbar selbst ist oder vielleicht sein Hund.

Ansonsten gab es mal wieder gehäuft Load-Shedding, weil Eskom auf unerklärliche Weise ein Drittel seiner Nennstromerzeugungsleistung abhanden gekommen war, die man letzten Endes auf genauso unerklärliche Weise wiederfand. Die Fußnote dabei ist, dass eine ganze Reihe Häuser abgebrannt sind, weil die altertümlichen Elektroinstallationen die plötzliche Wiederkehr der Elektrizität nicht verkraften. In Anbetracht des Sicherungskastens in unserem neuen Hauses haben wir diesbezüglich auch etwas gezittert …

 
Ich weiß nicht, ob man in Europa darüber lachen kann - wir haben jedenfalls auf dem Boden gelegen (Hinweis: Load Shedding findet in verschiedenen "Stages" statt, wobei mit höherer Nummer die Dauer und Häufigkeit des Load Sheddings zunimmt. Stage 6 ist die höchste Stufe, und es gab in Kapstadt jetzt das erste Mal Stage 5.)

Natürlich haben wir auch wieder das ein oder andere Radrennen absolviert. Das ganze allerdings weitestgehend ohne nennenswerte Zwischenfälle bei Zeitmesstechnik und dergleichen. Das einzige Kuriosum, was mir jetzt spontan einfällt, ereignete sich bei einem zweitägigen Etappenrennen in Stellenbosch, welches ich als Trainingsmaßnahme nutzte. Am Start der ersten Etappe war niemand in Sicht, der mir unter Normalbedingungen hätte gefährlich werden können. Ich setzte mich nach dem Start eher ungewollt ab und ging mit etwas Vorsprung in den nicht ganz unbekannten Armageddon-Trail. Auch wenn ich es ruhig angehen ließ, überraschte es mich doch einigermaßen am Ende des Trails jemanden hinter mir zu hören. Also gab ich am unmittelbar folgenden längeren Anstieg kräftig Gas, denn wer der Konkurrenz einmal ohne größere Mühe davon fährt, tut es auch zweimal. Aber denkste. Ich begann so langsam auf ein E-Bike hinter mir zu tippen. Als ich den Kerl schließlich von hinten zu Gesicht bekam, stellte ich fest, dass sich der Dritte der diesjährigen MTB-Marathon-Weltmeisterschaften als Erlkönig ins Feld geschlichen hatte. Im weiteren bildeten wir eine trainierende Interessengemeinschaft, bis er sich schließlich einen Kilometer vor Schluss der besseren Tarnung wegen in den Graben setzte um das Rennen später unerkannt zu beenden. Was hätte Obelix gesagt? Die … die Italiener.

Großartige Weihnachtsgefühle sind im Übrigen auch dieses Jahr nicht aufgekommen. Aber immerhin haben wir uns beim Heiligabendessen von Tiefkühlpizza zu selbstgemachter Pizza verbessert …

Unser Weihnachtsbaum (hat Emil im Kindergarten gebastelt)
So, und eigentlich sollte der Blog hier enden.. Denn ich hatte bis hierhin geschrieben und wollte den Blog gestern Abend online stellen. Das bot sich an, denn ich wollte für ein Mountainbike-Rennen zum Kap Agulhas (hatte ich letztes Jahr schon bestritten) fahren. Hierfür hatte ich von gestern auf heute eine Unterkunft dort gebucht und wollte gestern Abend anreisen, da, wie schon früher mal erwähnt, die Rennen hier immer sehr zeitig starten und ich wenig Motivation hatte, nachts um drei aufzustehen. Und da erschien der Abend in der Unterkunft ohne Familie geeignet, den Text mit Bildern zu versehen und das ganze online zu stellen. Nur kommt es ja immer anders als man denkt. Ich hatte bei der Abfahrt in Cape Town noch zu Laura gesagt, dass ich heute gegen drei zurück bin, sofern unsere Karre aus Rüsselsheim nicht aufgibt. Es war natürlich ein dummer Fehler, es zu beschreien. Mitten in der Pampa und 50 Kilometer vom Ziel entfernt, bewahrheitete sich der Spruch, an den ich mich aus Schulzeiten erinnere: „OPEL - Ohne Power Ewig Letzter“. Die Leistung war plötzlich weg und schließlich der Ofen endgültig aus. Selbstverständlich geschah dies auf einer wenig befahrenen Straße kurz vor Einbruch der Dunkelheit und in einer Region Südafrikas, die für nicht vorhandenen Handyempfang bekannt ist. Welch ein Glück, dass der Rest der Familie nicht noch dabei war. Gut auch, wenn man ein Fahrrad im Kofferraum hat. Damit konnte ich wenigstens auf die Suche nach Handyempfang gehen, was schließlich auch erfolgreich war. Unser Autovermieter, der ein ausgewanderter Deutscher ist, erwies sich als wenig hilfreich. Er wurde kurz vorher vom Auto angefahren und war offensichtlich auch etwas „neben der Spur“. Aber es ist schon blöd, wenn Du als Autovermieter keinen Notfallplan für solche Vorfälle hast. Afrika. Am Ende organisierte Laura für mich einen Abschleppdienst. Der eigentliche Abschleppvorgang war für europäische Verhältnisse abenteuerlich, da sich dass Abschleppfahrzeug in miserablem Zustand befand. Bei meinem Glück mit Autos, argwöhnte ich schon, dass die Gurke auch noch liegen bleiben und wir einen Abschleppdienst für den Abschleppdienst brauchen würden. Zum Glück trat dieser Fall nicht ein. Das Fahrzeug wurde an einer Werkstatt abgeladen. Mein Fahrrad kam mal wieder auf den Abschlepptruck und damit ging es dann zur Unterkunft, welche ich spät abends erreichte. Mein Plan war nun, früh morgens mit dem Rad die 30 km zum Start zu fahren, das Rennen zu absolvieren und dann zu hoffen, dass ich jemanden vor Ort finde, der mich und mein Rad danach wieder mit nach Kapstadt zurück nehmen kann. Dass ich mit dem Rad zum Start fahren wollte, gefiel wiederum meinen Gastgebern in der Unterkunft nicht so recht. Sie kannten tatsächlich denjenigen, der die Streckenmarschalls früh zum Start fuhr. Mit ihm machte ich mich schließlich heute früh 5:30 Uhr auf den Weg zum Start. Das Rennen verlief dann glücklicherweise ohne Zwischenfälle und ich konnte es, trotz dass ich sicher nicht meinen besten Tag erwischt hatte, erfolgreich beenden. Die Hoffnung, jemanden zu finden, der mich mit nach Kapstadt nimmt, entpuppte sich leider nach dem Rennen als Illusion. Es sind zwar viele Kapstädter hier, aber die bleiben alle noch für ein paar Tage am südlichsten Punkt Afrikas. Ich muss dagegen zügig heim, denn Montag früh fliegen wir für drei Tage über den Jahreswechsel nach Johannesburg. So bin ich jetzt gerade zurück in der nächtlichen Unterkunft, wo ich darauf warte, dass der Mechaniker vom Autovermieter kommt, um mich abzuholen. Die Kommunikation ist dabei erschwert, da sie ihm gestern sein Handy gestohlen haben und mein Handyakku leer ist (von unseren drei Eierfon-Ladekabeln haben zwei kürzlich aufgegeben und das letzte habe ich Laura hinterlassen, da ich ja nur eine „fixe“ Aktion plante). Laura hat sich derweil mit den Kindern bei Freunden, die gerade in Europa unterwegs sind und deren Fische wir für diese Zeit füttern, eingeschlossen. Klara hat offenbar den Schlüssel während des Fischefütterns in die Hände gekriegt und irgendwo versenkt, womit sich das Tor nicht öffnen und die Haustür nicht schließen lässt. Mal sehen, wie das hier bei mir ausgeht. Sicher ist eins: Der Automechaniker wird mit einer klapprigen Limousine kommen, und ich werde mein Fahrrad in alle Einzelteile zerlegen müssen, um es reinzukriegen. Ich hoffe die Laufräder müssen nicht ausgespeicht werden. Wie ihr seht, haben wir gerade mal wieder einen Lauf. In diesem Sinne wünsche ich Euch schonmal für‘s neue Jahr, dass Murphy Euch verschont! Und damit bis zum nächsten Mal.

 
Bewegte Bilder vom Wines2Whales (die Aufnehmerin des Videos hat sich im Übrigen letzte Woche beim Training mit Julien und Pauline derart zerlegt, dass sie als Partnerin für Laura fürs Tankwa Trek ausfällt und wir jetzt händeringend Ersatz suchen)

  Emil übt auch schon

Was passiert, wenn man nachts nicht geschlafen hat

Erdbeerpflücken

Und das geschieht, wenn man mit einem Laster voller Bierflaschen zu schnell um die Kurve fährt.

Der Ansatz ist ja gut ... nur leider ist es nicht die Sonnencreme, sondern die für den Hintern.

Klara ist der Meinung, dass Schlafanzugshosen auf den Kopf gehören.

Mit geeigneten Trainingsstätten steigen auch die Fähigkeiten (beim Betrachten des Schattenwurfes, wird es Euch vielleicht auch ein bisschen warm)

Eine Mole-Snake (harmlos)

Kampf der Schildkröten